Ulrike Kugler-Oestergaard

Geschäftsführung

Eigentlich sollte es die Medizin werden … Doch nach dem Abitur und einem sozialen Jahr entschied sie sich schließlich für die Hotellerie. Die Ausbildung zur Hotelfachfrau absolvierte sie im renommierten 5-Sterne-Hotel Europäischer Hof in Heidelberg, gefolgt von einem BWL-Studium mit Schwerpunkt Touristik in Worms. Bereits von 1992 bis 1999 war sie in der Geschäftsleitung des Grenzhofs tätig, bevor sie fünf Jahre in Hamburg verbrachte.
2006 übernahm sie schließlich gemeinsam mit Robert Kaiser den Betrieb endgültig von ihren Eltern.
Privat ist sie mit dem Chirurgen Christian Kugler verheiratet und Mutter von drei Söhnen. Ihre Leidenschaft gilt gutem Wein, stilvollem Ambiente und der Innenarchitektur.

Interview
Charminplaces mit
Ulrike Kugler-Oestergaard

Der Grenzhof ist schon seit über vier Generationen im Familienbetrieb. Ihre Urgroßmutter Katharina Kaiser hat das Anwesen 1897 von ihrem Vater bekommen. Beeindruckend! Wie gehen Sie mit dieser weit zurückgehenden Familiengeschichte um? 

Der Satz „Bewahrung des Feuers und nicht Anbetung der Asche“ bringt es eigentlich auf den Punkt. Wir haben in der Familie eine starke „Frauen-Power“ und das schon seit meiner Urgroßmutter Katharina Anfang des 20. Jhdts.! Ich liebe es, diese Kraft zu leben – ob in der Umsetzung von Unternehmenszielen, ob als Ansporn für meine weiblichen Auszubildenden oder in der Außendarstellung des Hauses. Das „weibliche“ in Form von Kreativität, der immer präsenten Konzentration auf das Ambiente und Ansprechen aller Sinne beim Genuss und die Fähigkeit, den Gästen wie auch den Mitarbeitern zuhören zu können, ist für mich immer wichtig gewesen und eine Grundvoraussetzung für den Erfolg des Hauses.

Waren Sie als Kind auch schon auf dem Anwesen? Welche Erinnerungen haben Sie aus dieser Zeit?

Natürlich – ich erinnere mich an vieles: wie zum Beispiel, dass ich mich als kleines Kind schon bei den Gästen im Restaurant dazu gesetzt habe und „Konversation“ betrieben habe, an meine Großmutter, die mich in der Küche manchmal kurz auf den Arm genommen hat und etwas Leckeres in den Mund gesteckt hat, an meine Urgroßmutter, die noch mit über 80 Jahren täglich ihr Glas Rotwein serviert bekam … das Leben in einer solchen Gastro-Familie ist geprägt davon, dass die Kinder von klein auf dabei sind und in dieses Leben reinwachsen. Es gibt daher auch kaum „Geschäft – Privat“ Differenzierung. Und das ist nicht schlimm: Work-Life-Balance in dem Sinn bedeutet für uns, dass die Arbeit das (erfüllte) Leben bedeutet und die Balance nicht durch eine Wagschale hergestellt werden muss. 

Haben Sie eine witzige oder interessante Anekdote aus Ihrer Familiengeschichte?

Meine Mutter hat in den 70er Jahren noch die Hühner für den Betrieb selbst geschlachtet (wir haben ja zudem bis heute auch noch eine Landwirtschaft). Als kleines Mädchen kam ich einmal dazu und war schockiert. Meine Mutter meinte zu meiner Beruhigung: „das ist nicht schlimm – das Huhn war alt und krank und nun ist es im Himmel und da geht es ihm besser“ Nun denn. Sie können sich vorstellen was kam, als ich an dem Abend meine Konversationsrunde im Restaurant machte… Ich saß bei Stammgästen, die sich das Huhn Gericht bestellten und meinte beschwichtigend: „dem Huhn geht es jetzt viel besser – es war alt und krank und nun ist es im Himmel und da geht es ihm nun besser“ Nachdem die Gäste das Essen sachte von sich schoben, kam meine Mutter an den Tisch und klärte sie auf …

Sind Sie heute ein Familienmensch?

Oh ja – wir leben tatsächlich auch heute noch in einer echten „Großfamilien“ Struktur: Mein Bruder, meine Schwester und ich leben alle in dem kleinen Weiler Grenzhof – meine Nichte und Neffen sind genauso wie meine eigenen Söhne in gleicher Wertschätzung Teil der Gemeinschaft und wir leben diese Gemeinschaft im Kleinen wie auch bei Festen und Feiern. So lesen z.B. beim Wintermärchenabend am 23. Dezember alljährlich drei Generationen der Familie Geschichten vor zwischen einem 4-Gang-Menu und da ist die jüngste Generation immer unterschiedlich vertreten mit unseren Kindern. Übrigens ist das auch mein Geheimnis in Bezug auf die geringe Fluktuation bei meinen Mitarbeitern: wir sind eine „famiglia allargata“ .

Sie scheinen ein gutes Händchen für Menschen zu haben. Die meisten Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind schon lange bei Ihnen. Wie machen Sie das, in einer Zeit, in der andere Betriebe händeringend nach Fachpersonal suchen?

Siehe oben – genau wie bei Gästen ist es natürlich auch bei Mitarbeitern in einer Zeit der Anonymisierung und Globalisierung extrem wichtig, einen Kontrapunkt zu setzen und das Grundbedürfnis der Menschen auf Wahrnehmung, Wertschätzung und Harmonie zu erkennen und zu befriedigen. Jeder Mitarbeiter wird als Person wahrgenommen, gefordert und auch gefördert. Zum Beispiel bei meinen 19 Auszubildenden komme ich mir oft vor, als hätte ich 19 weitere Kinder! Dazu gehören auch Entwicklungsgespräche mit den Mitarbeitern – und zwar halbjährlich. Dabei wird oft auch Persönliches von Seiten der Mitarbeiter angesprochen – eine Vertrauensbezeugung, die ich zu werten und schätzen weiß.

Ihre Mutter Heidemarie erkochte sich schon die ersten Gault Millau Punkte. Ihre Leidenschaft gilt aber eher der Innenarchitektur. Wie konnten Sie mit dem Grenzhof Ihre Liebe zum Interior Design ausleben?

Oh – das war betriebswirtschaftlich manchmal grenzwertig: wir haben, seit ich mit meinem Bruder 2006 den Betrieb von der 3. Generation übernommen habe, jeden Cent vom Gewinn in Renovierungs- und Umbaumaßnahmen gesteckt. Neue Nachfrage-Entwicklungen bedingen oft notwendige Neu-Gestaltungen oder Erweiterungen. Ich habe somit seit 2006 jedes Jahr gebaut – bis 2023. In 2024 wurde uns durch Lebensmittel-Inflation und die Mehrwertsteuer-Erhöhung der Gewinn komplett genommen. Aber für 2025/26 habe ich schon wieder etwas geplant … ein Jahr ohne diese Gestaltung ist fast wie ein Entzug für mich: ich liebe es, Räume zu designen und ein besonderes Ambiente zu gestalten!

Welches Themenzimmer ist Ihr liebstes und wieso?

Das ist schwierig. Ich mag sie eigentlich in ihrer Unterschiedlichkeit alle.
Vielleicht das Provence Zimmer – ich liebe die zarten Crème- und Naturtöne in den verarbeiteten hochwertigen JAB-Stoffen, die Kieselstein-Intarsien im Bad, die südfranzösischen Accessoires und die bis in den offenen Giebel reichende Höhe des Zimmers. Ich bin eh ein Provence-Fan und mache fast jedes Jahr zwei Wochen Urlaub im Hinterland von St. Tropez … 

Wie leben Sie Ihre Kreativität sonst noch aus?

Im Marketing – immer offen für neue Wege, mit schönen (immer professionellen) Fotos, Gestaltung von Werbeträgern, Texten.
Im Personalbereich – auch da mit innovativen, neuen Schulungsformen, Recruiting Wegen oder auch der Berufskleidung
Im Weinbereich – mit Weinschulungen, Sensorik Seminaren uvm.

Was ist Ihr gelungenstes Projekt, das Sie verwirklichen konnten?

Die Scheune8 – in jedem Fall! Ein immer wieder gelobtes, gelungenes Bauwerk.

Auf dem Grenzhof sind Sie die Frau für Alles. Was delegieren Sie und welche Aufgaben (privat oder professionell) geben Sie auf keinen Fall aus der Hand?

Es ist wichtig, den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie bei Entscheidungspro zessen beteiligt sind, nur so ist eine nachhaltige Identifikation mit dem Betrieb möglich. Starre Hierarchien geben vielleicht einer Betriebsleitung Sicherheiten – aber führt immer zu Motivationsverlusten. Daher versuche ich die meisten Entscheidungen im Team zu treffen durch Erfragen, Zuhören und Einbinden in den Entscheidungsprozess.  Selbst die Überlegung, wo die nächste Investition hingehen sollte, bespreche ich mit den Abteilungsleitern und bin immer froh über deren Expertise, denn sie haben durch die Nähe zum Gast und durch ihre eigene, private Situation als Nachfrager immer interessante Aspekte, die eine Entscheidung beeinflussen sollten.
Die Design-Umsetzung treffe ich dann letztendlich aber alleine – da verderben bekanntermaßen  zu viele Köche den Brei.

Wie halten Sie es mit der Balance zwischen Arbeit und Erholung und wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit? 

Wie schon gesagt: dadurch, dass ich meine Arbeit liebe und keine „Balance“ im engsten Sinne nötig ist, ist diese Frage relativiert. Aber – natürlich wird man Betriebsblind, wenn man nicht auch mal rauskommt und sich mit anderem beschäftigt. Ganz vorne an ist da der Sport. Ich jogge, mache Kieser Training und Yoga. Öfter im Jahr ein kurzer Urlaub in schöne Regionen (vornehmlich Europa, „bike&wine“, schöne Orte und Hotels) und – ich gehe sehr gerne gut essen mit meinem Mann.